LOST PLACES UND DEREN BESUCHER

Lost Places und deren Besucher

In den 90ger Jahren waren Industriebrachen in Berlin und Brandenburg noch verbreitet. Heute findet man nur noch wenige dieser Gelände im Raume Berlin/Brandenburg vor. Das Interesse, diese Gelände zu erforschen oder sich auf ihnen aufzuhalten, ist jedoch ungebrochen. Sind es zum einen Obdachlose und Familien aus Osteuropa, die sich in abbruchreifen Häusern eingerichtet haben, so sind es zum anderen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die diese Gelände besuchen. Für die Familien aus Osteuropa gilt, dass sie in erster Linie ein kostenloses Dach über dem Kopf Kopf suchen. Für die zweite Gruppe der Besucher sind andere Gründe ausschlaggebend. So spielen wohl die Abenteuerlust und der Wunsch, mit seinen Erlebnissen und den Fotos, die von den Abenteuern künden, Aufmerksamkeit zu erlangen, eine Rolle: "Geil, das poste ich auf Insta!" Mutproben, wie das Besteigen eines 60 Meter hohen Schornsteins lassen sich so einer Fangemeinde präsentieren. Die sozialen Netzwerke, die so als Verbreitungsmaschinerie der Fotos taugen, führen dann zu einem Schneeballeffekt. Es kommen immer mehr Leute, zudem aus anderen Ländern. Alle wollen die ungewöhnliche Atmosphäre dieser Gelände erleben und davon künden. Auf Nachfragen, was sie denn auf diese teilweise recht gefährlichen Grundstücke führe, kamen als Antworten von deutschen Besuchern:

Wir wollen chillen

Ich kann hier meine Wut rauslassen

Keine Schule, keine Eltern, keine Erwachsenen

Hier kann man auch mal rauchen

Man kann hier ungestört sprayen und taggen


Auch die Verbote, beim ehemaligen Bahnbetriebswerk Pankow-Heinersdorf wird dem unbefugten Besucher vom Eigentümer mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gedroht, halten die Leute nicht vom Besuch des Geländes ab. Auf diesen Geländen bietet sich wohl etwas, das einen Ausgleich zu einem Alltag bietet, in dem beinahe alles vollständig geregelt ist. Für den Fotografen ergeben sich manchmal reizvolle und überraschende Begegnungen. Man begegnet sich auf diesen Geländen als Besucher mit einer gewissen Distanz, man grüßt einander, versichert dem anderen auf diese Weise seine guten Absichten.
Vereint ist man ja als nicht autorisierte Person auf dem Gelände, allein das verbindet bereits. Fluchtwege werden empfohlen, denn mit dem Erscheinen der Polizei muss jederzeit gerechnet werden.